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Arbeitnehmer Schadensersatz & Haftungen

Muss ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber Schadensersatz zahlen, wenn er etwas falsch gemacht hat?

Die Antwort lautet: es kommt drauf an!

Während im „normalen Leben“ schon derjenige zum Schadensersatz verpflichtet ist, wer auch nur leicht fahrlässig handelt, ist dies im Arbeitsverhältnis nicht so.

Der Grund ist einfach: der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer ja erst mit der Tätigkeit, die dann zum Schaden führt beauftragt und der Arbeitnehmer könnte geneigt sein, lieber gar nichts zu tun, als womöglich Schadensersatz leisten müssen.

Klar ist: wer das Auto des Arbeitgebers betrunken vor den Baum fährt, muss dafür zahlen. Doch nicht alle Fälle sind so eindeutig, wie ein neuer Fall des Bundesarbeitsgerichts zeigt.

Beispiel Fall zu einem Schadensersatzklage durch den Arbeitgeber

Grundlage war das angebliche Fehlverhalten des Mitarbeiters eines Autozulieferers, dessen Aufgabe darin bestand, die Arbeitszeiten für die Heimarbeiter bei der Vor-und Endmontage von Schlauchteilen zu berechnen. Als der Arbeitgeber im Jahre 2006 neue, schnellere Maschinen für die Heimarbeiter angeschafft hatte, vergaß der Mitarbeiter die Arbeitszeiten an die neue Arbeitsgeschwindigkeit der Maschinen anzupassen und so hat der Arbeitgeber die Auffassung vertreten, dass ihm durch dieses Verhalten ein finanzieller Schaden in Form der zu viel bezahlten Personalkosten entstanden ist – nach der Devise: warum kaufe ich neue, schnellere Maschinen, wenn die Arbeitszeiten hinterher doch die gleichen bleiben. Dies sei eine Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten, weshalb der Arbeitnehmer Schadensersatz leiste müsse, argumentierte der Arbeitgeber. Die Vorinstanzen sahen das auch so und haben der Klage des Arbeitgebers stattgegeben, das BAG hat diese Entscheidung jedoch aufgehoben.

Ausgangspunkt der Begründung der Entscheidung des BAG ist die gesetzliche Regelung in § 619a BGB, nach der die Darlegung-und Beweislast dafür, dass ein Arbeitnehmer seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag vorwerfbar verletzt hat und deshalb dem Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet ist, beim Arbeitgeber liegt. Das Vorliegen einer solchen Arbeitsvertragsverletzung hat das BAG bejaht, da durch die fehlerhafte Berechnung zu viel Lohn gezahlt worden sei.

Allerdings hat der Arbeitnehmer eingewandt, dass sein Vorgesetzter bereits seit mehreren Jahren von diesen Zahlen wusste und es insoweit auch eine Absprache zwischen ihm und dem Vorgesetzten gegeben habe, dass die Arbeitszeiten allesamt einheitlich zu einem späteren Zeitpunkt umgestellt werden sollten. Auf juristisch heißt dies Mitverschulden. Das BAG prüfte also weiter, ob der Arbeitgeber für die Entstehung des Schadens mitverantwortlich ist. Hierbei stellt das Gericht zunächst klar, dass die bloße Kenntnis eines Vorgesetzten über fehlerhafte Arbeit für ein Mitverschulden nicht ausreichend ist, ebensowenig reichen bloße Absprachen. Entscheidend komme es darauf an, ob es eine entsprechende Weisung des Arbeitgebers gegeben hat oder nicht. Da es eine solche Weisung nicht gab, stellte das Gericht ein Mitverschulden zumindest aus diesem Grunde nicht fest.

Das Gericht bringt nun einen weiteren Aspekt des Mitverschuldens ins Spiel, nämlich das so genannte Organisationsdefizit beim Arbeitgeber. Dies bedeutet, dass ein Arbeitgeber seinen Betrieb so zu organisieren hat, dass Schäden weitmöglichst vermieden werden – vor allem dass die Arbeit auch regelmäßig kontrolliert wird. Dies setzt wiederum voraus, dass die Kontrollaufgaben der Vorgesetzten durch den Arbeitgeber richtig bestimmt werden. Dabei ist zu fragen, ob aufgrund von entsprechenden Vorkommnissen in der Vergangenheit Kontrollmaßnahmen ergriffen oder unterlassen worden sind. Die Beweislast für ein solches Mitverschulden trägt jedoch der Arbeitnehmer – der diesen Beweis nur schwer wird führen können, da er die Entscheidungsgründe innerhalb des Unternehmens nicht kennen wird. Das BAG legt deshalb fest, dass der Arbeitnehmer verlangen kann, dass der geschädigte Arbeitgeber an der Beweisführung (gegen ihn selbst!) mitwirkt, soweit die Umstände aus seiner Sphäre stammen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zum Beispiel die Darlegung verlangen kann, was der Arbeitgeber zur Schadensminderung unternommen hat. Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das BAG die Entscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Insbesondere, da nach den eigenen Angaben des Arbeitgebers fast alle Vorgabezeiten des Arbeitnehmers zu hoch waren, hätte nach Auffassung des Gerichtes doch eigentlich eine stichprobenartige Kontrolle zu ein viel früheren Zeitpunkt in Fehlverhalten ein Ende gesetzt.

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21 Mai 2015 – 8 AZR 116/14

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