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Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen – Rechtnatur, Voraussetzung und Umfang

 

In der arbeitsgerichtlichen Praxis werden durch eine Partei häufig sog. Ausschlußfristen übersehen, was sehr unangenehme Folgen haben kann. Solche Klauseln, die eine Spezialität des Arbeitsrechts sind, bewirken, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist der Anspruch unabhängig von der Verjährung untergeht. Damit haben solche Klauseln deutlich weiterreichendere Folgen als die Verjährung, die lediglich die Durchsetzbarkeit eines Anspruches hindert, wenn sich der Schuldner darauf beruft, aber eine Aufrechnung noch zuläßt. Die Ausschlußklausel hingegen bringt den Anspruch materiell zum Erlöschen – egal ob die Parteien dies wussten oder wollten und auch bereits weit vor Ablauf der Verjährung. Auch eine Aufrechnung ist dann nicht mehr möglich. Ausschlußklauseln treten in zwei möglichen Formen auf: sogenannte einstufige Klauseln bestimmen, dass ein Anspruch untergeht, wenn er nicht innerhalb einer bestimmten Frist (schriftlich) geltend gemacht wird. Zweistufige Klauseln verlangen für das Fortbestehen des Anspruch weiterhin, dass der Anspruch nach Ablauf einer weiteren Frist eingeklagt werden muss, wenn er nicht untergehen soll. Klauseln mit solchen einschneidenden Folgen müssen natürlich strengen Anforderungen in ihrer Zulässigkeit und von ihrem Umfang her unterliegen und da solche Anforderungen dem Gesetz nicht direkt zu entnehmen sind hat, das Bundesarbeitsgericht diese Voraussetzungen konkretisiert.

 

1. Zulässigkeit

Das BAG hat bereits frühzeitig Ausschlußklauseln als wirksam erachtet; allerdings nur unter engen Voraussetzungen, die es in der Folgezeit immer weitert konkretisiert hat. Zu unterscheiden ist zwischen Ausschlussfristen in Tarifverträgen und in Arbeitsverträgen. Tarifvertragliche Ausschlussfristen sind in ihrer Zulässigkeit stets weitgehend unbeanstandet geblieben, da sich bei den Tarifverhandlungen ja zwei gleich starke Partner, Arbeitgeberverband und Gewerkschaft, gegenüber saßen und mit dem Tarifvertrag ein austariertes Regelwerk geschaffen haben. Anders ist dies beim Arbeitsvertrag, bei dem der Arbeitnehmer ja in der Regel keinen Einfluss auf den Inhalt des Arbeitsvertrages hat und auch seine Verhandlungsposition deutlich schlechter als die des Arbeitgebers ist. Hier lässt das BAG deshalb solche Klauseln nur unter der Voraussetzung zu, dass die Frist zur Geltendmachung in der ersten Stufe nicht weniger als drei Monate betragen darf – für die zweite Stufe gilt die gleiche Frist. Alle Ausschlußklauseln in Arbeitsverträgen, die eine kürzere Frist vorsehen, sind damit unwirksam.

2. Umfang

Ein gerissener Arbeitgeber könnte nun auf den Gedanken kommen, mit Hilfe solcher Fristen seine gesetzlichen Pflichten zu umgehen. Dabei wäre er jedoch schlecht beraten, denn zwingende gesetzliche Ansprüche können durch Ausschlussfristen nicht erlöschen. Dies betrifft zum einen Ansprüche auf den Mindestlohn und zum anderen Urlaubsansprüche. Besteht ein gesetzlicher Urlaubsanspruch, so geht dieser nicht aufgrund einer Ausschlussfrist unter. Hier kommt es aber zu einer “Spaltung” des Urlaubs. Nicht von der Ausschlussfrist umfasst ist nur der gesetzliche Urlaubsanspruch (also 20 Tage bei einer Fünf-Tage-Woche und 24 Tage bei einer Sechs-Tage-Woche), der darüber hinaus aufgrund Tarifvertrages oder Arbeitsvertrages gewährte Urlaub kann von einer Ausschlussfrist umfasst werden. Es muss also immer zunächst geprüft werden, welcher Urlaubsanspruch bereits genommen wurde.
Gleiches gilt für Ansprüche auf den Mindestlohn. Auch hier kommt es wieder zu einer Spaltung, nur diesmal in den Teil “Mindestlohn” und den darüber hinausgehenden Lohnanteil. Die Mindestlohnvorschriften sind damit auch für Arbeitnehmer relevant, deren Gehalt über den Mindestlohn hinausgeht.

Eine gute Nachricht zum Schluss: Klauseln, die diese Unterscheidung nicht vornehmen, sind aber deswegen nicht unwirksam, sie umfassen lediglich nicht die gesetzlich gewährten Ansprüche. Ob dies auch für nach Einführung des Mindestlohngesetzes gestaltete Arbeitsverträge gilt, ist jedoch noch nicht entschieden worden.
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