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Ausschlagung im Erbrecht

 

Das deutsche Recht geht vom sog. Vonselbsterwerb des Erben aus, d.h. der Erbe muss keine besonderen Erklärungen abgeben oder Handlungen vornehmen, wenn er Erbe werden will, denn die Erbschaft fällt ihm „von selbst  an“. Dies ist in vielen anderen Rechtsordnungen anders, so z.B. auch in Österreich, in denen der Erbe ausdrücklich erklären muss, dass er Erbe werden möchte. Da aber niemand gezwungen werden kann, für die Schulden eines anderen zu haften, braucht es eine Möglichkeit, diesen Vonselbsterwerb zu beseitigen – das Gesetz stellt sie mit der Ausschlagung zur Verfügung. Ein Erbe hat danach die Möglichkeit, die ihm angefallene Erbschaft auszuschlagen mit der Folge, dass er so behandelt wird, als wäre er niemals Erbe geworden. Eine solche Ausschlagung bietet sich zunächst an, wenn der Nachlass überschuldet ist. Aber auch wenn man aus emotionalen Gründen nicht die Erbschaft antreten möchte, kann die Ausschlagung erklärt werden, denn sie muss nicht begründet werden. Wichtig ist, dass die Ausschlagung innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Kenntnisnahme von dem „Berufungsgrund“ erklärt wird. Sie ist formgebunden und muss notariell beglaubigt bzw. zu Protokoll des Nachlassgerichts erklärt werden. Entscheidend für die Fristwahrung ist nicht die Abgabe der Erklärung beim Notar sondern der Eingang der Erklärung beim Nachlassgericht. Ist die Ausschlagung form- und fristgerecht erklärt worden, tritt an die Stelle des Ausschlagenden der nächstberufene Erbe, also meist dessen Kinder. Sind diese noch minderjährig, so sollte die Ausschlagung gleich für diese miterklärt werden, denn sonst bleiben die Kinder auf den Schulden sitzen.

 

Die Frist ist mit sechs Wochen natürlich sehr kurz bemessen und es ist durchaus möglich, dass sich der Erbe innerhalb dieser Frist keine Vorstellungen davon machen kann, ob der Nachlass überschuldet ist oder nicht. Unter bestimmten Umständen gibt es daher die Möglichkeit, die Versäumung der Ausschlagungsfrist anzufechten. Dies ist eine Art „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“, die bei der Versäumung der Ausschlagungsfrist normalerweise nicht vorgesehen ist. Voraussetzung ist, dass ein Anfechtungsgrund vorliegt. Dieser kann ein Irrtum über den Bestand des Nachlasses sein; es gilt das gleiche Prozedere wie bei der Ausschlagungserklärung, also Erklärung gegenüber dem Notar und fristgemäßer Eingang dieser Erklärung beim Nachlassgericht.

 

Unter Umständen kann die Ausschlagung eines werthaltigen Nachlasses sogar taktisch eingesetzt werden, um z.B. den Erbschaftssteuerbetrag zu mindern. Der Zugewinnausgleichsanspruch ist nämlich steuerfrei. Leben die Ehegatten in Zugewinngemeinschaft, so kann der Zugewinnausgleich bei Auflösung der Ehe (diese wird auch durch Tot aufgelöst) durchaus höher sein als der eigentliche Erbteil. Ist der Zugewinnausgleich quasi die gesamte Erbschaft, so kann durchaus darüber nachgedacht werden, die Erbschaft auszuschlagen und stattdessen den Zugewinn geltend zu machen – steuerfrei.

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