Befristete Arbeitsverträge: Wann ist eine Befristung zulässig und wie kann man sich dagegen wehren?
Rechtlicher Rahmen
Die Befristung von Arbeitsverträgen soll die Ausnahme bleiben – so will es zumindest der Gesetzgeber. Deshalb erlaubt er die Befristung nur zwei Möglichkeiten der Befristung: erstens die Befristung ohne jeglichen Grund dafür und zweitens die Befristung aufgrund eines sachlichen Grundes (z.B. als Schwangerschafts- oder Krankheitsvertretung). Der Unterschied zwischen beiden Möglichkeiten liegt in der Zulässigkeit von weiteren Befristungen des Arbeitsverhältnisses: der Gesetzgeber wollte sogenannten Kettenbefristungen ohne jeglichen Grund den Boden entziehen, um auf diese Weise eine Aushebelung des Kündigungsschutzrechts zu verhindern. Aus diesem Grund gestattet das Gesetz im Falle von sachgrundlosen Befristungen lediglich drei Verlängerungen, die insgesamt maximal zwei Jahre betragen dürfen, während eine Befristung mit Sachgrund hingegen grundsätzlich ohne zeitliche und zahlenmäßige Begrenzung zulässig ist. Befristet ein Arbeitgeber unter Verstoß gegen diese Regeln das Arbeitsverhältnis, so kann sich der Arbeitnehmer freuen: das Arbeitsverhältnis gilt dann ab dem Ende der letzten zulässigen Befristung als unbefristet, wenn er dies rechtzeitig mit einer Klage beim Arbeitsgericht geltend macht.
Die Entscheidung
Öffentliche Arbeitgeber haben in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit dadurch erregt, dass sie Arbeitsverhältnisse mit Sachgrundbefristungen teilweise über Jahrzehnte hinweg befristen. Am 29 April 2015 entschied das BAG einen Fall, in dem der Kläger von der beklagten Stadt in der Zeit vom 1. November 1998 bis zum 31. August 2013 aufgrund von zehn befristeten Arbeitsverträgen als stellvertretender Leiter der Küche des städtischen Alten-und Pflegeheims beschäftigt war. Hintergrund der Befristungen waren Mutterschutz, Erziehungsurlaub, Elternzeit und Sonderurlaub der Stelleninhaberin, die in dieser Zeit insgesamt drei Kinder gebar. Für die letzte Befristung hatte die Beklagte angegeben, dass die Stelleninhaberin Sonderurlaub zur Betreuung ihrer Kinder erhalten habe. Hiergegen wandte sich der Kläger mit einer sogenannten Befristungskontrollklage (auch Entfristungsklage genannt), da der Sachgrund der Vertretung seiner Meinung nach nicht erfüllt sei und sein Arbeitsverhältnis deshalb mit Ablauf der letzten wirksamen Befristung als unbefristetes weitergalt. Mit dieser Auffassung konnte er sich allerdings in allen drei Instanzen nicht durchsetzen.
Das BAG schildert zunächst die Voraussetzungen des sogenannten Befristungskontrollantrages. Dieser Antrag, mit dem die Unwirksamkeit einer Befristung beim Arbeitsgericht geltend gemacht wird, ist genauso wie eine Kündigungsschutzklage innerhalb einer dreiwöchigen Klagefrist nach Ablauf der vereinbarten Frist (also des Endes des Arbeitsverhältnisses, nicht des Abschlusses des befristeten Vertrages) beim Arbeitsgericht einzureichen. Hierfür muss der Arbeitnehmer allerdings nicht bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses warten, sondern kann den Antrag auch schon vor dem Ende noch im laufenden Arbeitsverhältnis erheben.
Nach § 14 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses dann vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt ist. § 21 BEEG ergänzt diese Regelung für die Fälle der Vertretung in der Elternzeit. Für die Beurteilung des sachlichen Grundes ist es nicht maßgeblich, ob dem vertretenen Arbeitnehmer tatsächlich ein Anspruch auf Freistellung zusteht. Entscheidend ist, dass der Arbeitsbedarf nur vorübergehend wegen der Abwesenheit eines Mitarbeiters besteht und dass der Vertretene wieder zur Arbeit zurückkehren wird. Muss der Arbeitgeber aufgrund von ihm vorliegenden Informationen erheblichen Zweifel daran haben, dass die Stammkraft wieder zurückkehren wird, so kann dies den Verdacht begründen, dass der Sachgrund nur vorgeschoben ist. Dieser Umstand ist naturgemäß sehr schwer nachzuweisen. Das BAG stellt fest, dass selbst die hohe Anzahl vorausgegangener Befristungen hieran nichts ändert und auch die Anforderungen an die Prognose nur wegen einer Vielzahl von Befristungen nicht zu verschärfen sind.
Allerdings ist im Rahmen der Befristungskontrolle zu prüfen, ob der Arbeitgeber nicht missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgegriffen hat. Im Rahmen dieser Prüfung muss das Gericht sämtliche Umstände des Einzelfalles würdigen. Diese sind unter anderem die Gesamtdauer der befristeten Verträge, die Anzahl der Vertragsverlängerungen und die Frage, ob der Arbeitnehmer stets denselben Arbeitsplatz innehatte oder auf verschiedenen Stellen eingesetzt wurde. Eine starre Frist oder Anzahl von Verlängerungen, nach denen ein solcher Rechtsmissbrauch anzunehmen ist, gibt es nicht. Zwar kann nach dem Bundesarbeitsgericht bei einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von mehr als elf Jahren und einer Anzahl von 13 Befristungen bei gleichbleibender Beschäftigung davon ausgegangen werden kann, dass die Befristung nicht indiziert ist, allerdings kann der Arbeitgeber dies widerlegen. Entscheidend sind jedoch immer die Umstände des Einzelfalles. Das BAG sah die Indizwirkung aufgrund der Dauer von 15 Jahren in diesem Falle als entkräftet an, da der Kläger als Vertretung der stellvertretenden Küchenleiterin eingestellt war und die Beklagte nur dieser eine Küche betrieben hatte, in der sie 5,2 Vollzeitkräfte beschäftigt. Da eine abweichende Beschäftigungsmöglichkeit nicht bestand, war der Beschäftigungsbedarf nur auf die Dauer der Vertretung möglich und mit Rückkehr dieser Stammkraft entfallen.
Für Fragen rund um das Befristungsrecht stehe ich Ihnen gerne jederzeit, telefonisch, persönlich oder per E-Mail zur Verfügung.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. April 2015. 7 AZR 310/13
Zurück zur Übersicht