


Es ist eine auf den ersten Blick erstaunliche, aber durchaus übliche Gestaltungsvariante zu denen der Rechtsanwalt im Erbrecht raten wird, dass zukünftige potentielle Erben dem Erblasser gegenüber zu Lebzeiten einen Erbverzicht und einen Pflichtteilsverzicht abgeben. Für ihr Ausscheiden erhalten sie in aller Regel eine Gegenleistung. Es war bisher im juristischen Schrifttum umstritten, ob eine solche Gegenleistung als Schenkung zu qualifizieren ist oder nicht. Aber warum ist dieser Unterschied so wichtig? Dies hat im Wesentlichen drei Gründe: zum einen löst eine Schenkung – oftmals von den Parteien unerkannt – Schenkungsteuer aus. Zum anderen besteht bei einer Schenkung die Möglichkeit, diese wegen groben Undanks oder Verarmung des Schenkers zu widerrufen. Schließlich ist dies auch für die Frage relevant, ob hinsichtlich der Gegenleistungspflicht Pflichtteilsergänzungsansprüche bestehen.
Der Bundesgerichtshof hat nun in einem neueren Urteil diese Streitfrage für die Frage der Widerrufsmöglichkeit entschieden. Diesem Urteil lag ein Fall zu Grunde, in dem die Tochter ihrem Vater gegenüber den Erb- und Pflichtteilsverzicht erklärte und als Gegenleistung hierfür Anteile an einer Wohnung erhielt. Die Tochter verhielt sich dann aber nicht so wie vom Vater gewünscht und dieser widerrief deshalb die Schenkung wegen groben Undanks. Der BGH macht in seiner Entscheidung zunächst deutlich, dass die Frage für alle drei Folgen (hinsichtlich der Steuern, Widerrufsmöglichkeit, Pflichtteilsergänzungsansprüche) getrennt beurteilt werden müsse. Dies bedeutet, dass der Ausgangspunkt der Betrachtungen weniger die Übertragung als solche ist, sondern vielmehr die Frage welche Konsequenzen diese im jeweiligen Rechtsgebiet (Steuerrecht, Schenkungsrecht, Pflichtteilsrecht) nach sich zieht. Im Extremfall kann dies bedeuten, dass man bei ein und derselben Übertragung zu zwei verschiedenen Ergebnissen gelangen kann. Die pflichtteilsrechtliche Frage hatte der BGH bereits in der Sache IV ZR 58/07 entschieden. Da die Lage hier ziemlich unübersichtlich ist, sollten solche Konstruktionen nur mit Hilfe eines im Erbrecht versierten Rechtsanwaltes „gebaut“ werden.
Doch was sind diese schenkungsrechtlichen Wertungen, die sich so von den pflichtteilsrechtlichen Wertungen unterscheiden? Es sind in erster Linie die Widerrufsmöglichkeiten wegen Verarmung des Schenkers oder groben Undanks. Der Schenker kann wegen seiner Freigebigkeit zwar keine Gegenleistung erwarten, wohl aber Unterstützung für den Fall, dass er selber in Not gerät bzw. ein gewisses Maß an Dankbarkeit erhalten bleibt. Dies gilt auch für den Fall, dass bei der Übertragung vereinbart wird, dass der zugewendete Gegenstand auf den Pflichtteil anzurechnen bzw. im Falle der Erbauseinandersetzung auszugleichen ist. Dieses Argument zieht der BGH nun auch im Falle des Erb- und Pflichtteilsverzichts heran. Er führt dazu wie folgt aus: verliert der Zuwendende nach der Zuwendung sein verbliebenes Vermögen und gerät hierdurch in wirtschaftliche Not, ist es nicht zu rechtfertigen, ihm dem Rückübertragungsanspruch gegen den Beschenkten zu versagen nur weil der Beschenkte auf sein – in diesem Fall wertloses – Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet hat. Damit würde das Gegenteil der erstrebten Ausgleichung bewirkt, nämlich der zu Lebzeiten des Erblassers Beschenkte dauerhaft besser gestellt als der Erb-oder Pflichtteilsberechtigte.
Eine schwere Verfehlung kann ferner mit der Pflichtteilsentziehung geahndet werden. Danach bleibt nach Ansicht des BGH die Zuwendung für ein Erb-oder Pflichtteilsverzicht eine Schenkung, wenn diese nach dem Willen der Parteien der Ausgleichung der lebzeitigen Zuwendungen bei der Erbfolge dienen soll. Ein solcher Wille ist immer dann anzunehmen, wenn die Zuwendung wertmäßig in etwa der Erberwartung entspricht oder diese gar übersteigt, denn dann erhält der Beschenkte ja nur das, was er ohnehin bekäme.
Für alle Fragen rund um das Erbrecht stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt gerne jederzeit zur Verfügung.
BGH, Urteil vom 7. Juli 2015, X ZR 59/13
Endet ein befristetes Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung, so höre ich in meiner Kanzlei als Rechtsanwalt im Arbeitsrecht häufig die Annahme, dass automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu Stande kommt, wenn der Arbeitnehmer einfach seine Arbeit fortsetzt. Dies ist jedoch ein Trugschluss, wie das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 7. Oktober 2015 feststellt. Der klagende Arbeitnehmer war zunächst befristet bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit angestellt. Vor Ablauf der Befristung am 31. Dezember 2011 gab es zwischen den Parteien E-Mail Verkehr, in dem die Beklagte mitteilte, dass sie das Arbeitsverhältnis befristet bis zum 6. Juni 2012 fortsetzen würde; allerdings fand sich kein Termin zur Vertragsunterzeichnung, so dass der Kläger sodann einfach bis zum 6. Juni 2012 weiter arbeitete und dafür auch das entsprechende Entgelt erhielt. Als er am 7. Juni 2012 erneut bei der Arbeit erschien, untersagte ihm sein Vorgesetzter die weitere Tätigkeit und bat ihn, das Haus zu verlassen, was der Kläger auch tat. Innerhalb der zu wahrenden Frist (drei Wochen ab Ende des Arbeitsverhältnisses) reichte er daraufhin eine sogenannte Entfristungsklage beim Arbeitsgericht ein. Zu ihrer Begründung bezog er sich darauf, dass seit dem 1. Januar 2012 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei, da die Befristungsabrede mangels Schriftform nicht wirksam sei. Die Beklagte hatte demnach kein Recht gehabt, das Arbeitsverhältnis über den 7. Juni 2012 hinaus nicht mehr fortzusetzen. Mit dieser Entfristungsklage, die ein Unterfall der Kündigungsschutzklage ist, scheiterte der Kläger jedoch in allen drei Instanzen.
Das BAG bezog sich zur Begründung darauf, dass zwar die Befristungsabrede mangels Schriftform nicht wirksam geworden ist. Dies habe aber entgegen der Auffassung des Klägers nicht zur Folge, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden sei. Die Beklagte habe schließlich deutlich gemacht, dass sie die Weiterbeschäftigung des Klägers über den 31. Dezember 2011 hinaus von der Unterzeichnung einen schriftlichen Arbeitsvertrages, des Verlängerungsvertrages, abhängig machen wollte. Da dieser nicht unterzeichnet worden ist, liegt nur ein so genanntes faktisches Arbeitsverhältnis vor, von dem sich die Beklagte jederzeit lösen könne.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem Fall, in dem die Parteien zunächst mündlich einen befristeten Arbeitsvertrag vereinbaren und diesen erst nach Arbeitsaufnahme unterschreiben – dann wäre die Befristung unwirksam. Dies ist keine der Spitzfindigkeiten, die dem Rechtsanwalt oftmals nachgesagt werden. Der entscheidende Unterschied ist nämlich dabei, dass die Parteien bereits mündlich einen befristeten Arbeitsvertrag geschlossen haben, sich also vollständig einig waren. Genau dieses kleine Detail bildet aber den maßgeblichen Unterschied zu dem hier entschiedenen Fall: die Beklagte hat deutlich gemacht, dass sie noch nicht von einem Vertragsschluss ausging, sondern die Weiterbeschäftigung von dem Abschluss des schriftlichen Vertrages abhängig machen wollte. Es bestand somit ausdrücklich keine mündliche Einigung darüber, dass ein Arbeitsverhältnis geschlossen wurde. So sagt das BAG wörtlich: „Hat der Arbeitgeber in den Vertragsverhandlungen mit dem Arbeitnehmer den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages ausdrücklich unter den Vorbehalt einen schriftlichen Vertragsschlusses gestellt oder dem Arbeitnehmer die schriftliche Niederlegung des Vereinbarten angekündigt, so ist diese Erklärung ohne Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände dahingehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber dem Schriftformgebot entsprechen will und seine auf den Vertragsschluss gerichtete Erklärung nur durch die schriftliche Unterzeichnung der Vertragsurkunde angenommen werden kann“. Der Einwendung, dass man das Vertragsangebot ja auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten (die Arbeitsaufnahme) annehmen könne, erteilt das BAG eine Absage. Ein solches Angebot kann nur schriftlich angenommen werden. Arbeitet man trotzdem, so entsteht lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis.
Auch die gesetzliche Fiktion des § 15 Abs. 5 TzBfG, nach der sich ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn es nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen wurde, mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wird und der Arbeitgeber nicht rechtzeitig widerspricht, kommt hier nicht zum Tragen, denn die Beklagte hatte vor Unterzeichnung der Verlängerung im Dezember 2011 deutlich gemacht, dass für sie eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nur unter mit der Unterzeichnung des Angebotes wirksam wäre. Damit hat sie aber der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses rechtzeitig widersprochen.
Für alle Fragen rund um das Thema Arbeitsrecht stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt gerne jederzeit zur Verfügung.
BAG, Urteil vom 7. Oktober 2015,7 AZR 40/14
Pflichtteilsberechtigte haben gegenüber den Erben umfängliche Auskunftsansprüche. Diese sind deshalb notwendig, weil der Pflichtteilsberechtigte oftmals keinerlei Kenntnis über den Wert des Nachlasses haben wird und sich auch anderweitig hierüber auch keine Kenntnis verschaffen kann. Mit solchen Konstellationen hat man als Rechtsanwalt im Erbrecht häufig zu tun. Es gibt nun aber auch die umgekehrte Konstellation, in der ein Erbe nicht weiß, ob der Pflichtteilsberechtigte nicht selbst bereits schon zahlreiche Schenkungen von dem Erblasser erhalten hat, die er sich bei der Berechnung seines Pflichtteils anrechnen lassen muss. Die Interessenlage ist vergleichbar, allerdings gewährt das Gesetz in diesem Falle dem Erben keinen Auskunftsanspruch gegen den Pflichtteilsberechtigten wie es ihm dem Pflichtteilsberechtigten in § 2314 BGB gewährt. Bedeutet dies, dass der Erbe rechtlos gestellt ist und der Pflichtteilsberechtigte so mehr erhalten kann als ihm eigentlich zusteht? Nein, entschied das OLG Koblenz in einem Urteil vom 25. November 2015 und verwies auf die gleiche Interessenlage. Obwohl Auskunftsansprüche dem Zivilrecht meist fremd sind und hauptsächlich nur im Erbrecht existieren, würde die Versagung eines solchen Auskunftsanspruches zu Verzerrungen führen. Der Erbe muss nach Ansicht des Gerichts gegen den Pflichtteilsberechtigten einen umfassenden Anspruch auf Erteilung einer Auskunft über sämtliche Zuwendungen haben, die der Erblasser bereits an ihn getätigt hat, wobei der Rechtsgrund dieses Anspruchs im Detail ungeklärt ist (analoge Anwendung des § 2314 BGB oder Anspruch aus Treu und Glauben?). Diesen Anspruch kann der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten entgegenhalten, wenn er mit einem Auskunftsanspruch oder einem Zahlungsanspruch konfrontiert wird.
Um in diesem Zusammenhang einem in der Praxis des Rechtsanwalts im Erbrecht oft auftretendem Missverständnis vorzubeugen: eine zeitliche Begrenzung für die Berücksichtigung von Schenkungen, die auf den Pflichtteil anzurechnen sind, existiert nicht. Zwar gibt es die Zehn-Jahres-Regel, die besagt, dass Schenkungen nur innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren ab Vollzug der Schenkung zu berücksichtigen sind und diese auch neuerdings auch nur im Rahmen eines Abschmelzungsmodells, nach dem die Schenkung im ersten Jahr voll zu berücksichtigen ist, im zweiten nur noch mit 90 %, im dritten Jahre nur noch mit 80 % usw. Allerdings gilt diese Regelung nur für sogenannte Pflichtteilergänzungsansprüche. Dies sind solche Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten, in denen der Erbe oder ein Dritter vom Erblasser Schenkungen vorab erhalten hat. Hintergrund ist, dass der Pflichtteilsanspruch nicht durch Schenkungen durch den Erblasser ausgehöhlt werden darf. Aus diesem Grund gilt diese Zehn-Jahres-Frist nicht für Schenkungen, die der Erblasser an den Pflichtteilsberechtigten getätigt hat und die sich der Pflichtteilsberechtigte anrechnen lassen muss.
Für alle Fragen rund um das Erbrecht stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt jederzeit zur Verfügung.
OLG Koblenz, Urteil vom 25. November 2015, 5 U 779/15
Formulierungen in Testamenten, insbesondere gemeinschaftlichen Testamenten, sind leider oftmals weniger eindeutig als sich die Eheleute dies gewünscht haben. Diese Ungenauigkeiten kommen im Erbrecht häufig vor; bei gemeinschaftlichen Testamenten wirken sich Fehler allerdings besonders schwer aus, denn einer ihrer Hauptwesenszüge ist, dass sog. wechselbezügliche Verfügungen Bindungswirkung entfalten. Wechselbezüglich ist eine Verfügung dann, wenn der eine Ehegatte seine Verfügung nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen hätte und die Verfügungen deshalb miteinander stehen und fallen sollen. Problematisch ist die Wechselbezüglichkeit vor allem bei der sogenannten Schlusserbeneinsetzung. Das ist die Einsetzung (meistens der Kinder) auf den zweiten Erbfall, also den Tod des Längerlebenden.
Ob eine einzelne Verfügung wechselbezüglich ist oder nicht, ist im besten Falle im Testament selbst angegeben. Fehlt aber eine solche Angabe (wie meist), so ist diese durch Auslegung zu ermitteln. Liegt die Wechselbezüglichkeit vor, tritt eine weitreichende Bindung ein, deren Folge den Erblassern oft nicht bekannt ist: der überlebende Ehegatte kann nach dem Tode des anderen Ehegatten nämlich keine Verfügung mehr treffen, die die wechselbezügliche Verfügung beeinträchtigt – nach dem Tode des einen Ehegatten ist das Testament dann insoweit bindend geworden ist. Es empfiehlt sich aus diesem Grunde dringend, einen mit dem Erbrecht vertrauten Rechtsanwalt bei der Abfassung des Testamentes zu Rate zu ziehen.
Das Oberlandesgericht Hamm hat am 11. September 2015 einen Fall entschieden, dem ein Testament zweier Eheleute zugrunde lag, das folgende Formulierung enthielt:
„Nach dem Tode des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten.“
Zusätzlich gab es eine so genannte Pflichtteilsstrafklausel. Es stellt sich nun die Frage, ob diese Verfügung wechselbezüglich und damit bindend war. Das OLG Hamm verneinte dies und sah in dieser Formulierung keine bindende Schlusserbeneinsetzung. Zur Begründung stellt das Gericht zunächst fest, dass eine ausdrückliche Anordnung der Wechselbezüglichkeit nicht vorlag. Es prüfte deshalb weiter, ob sich die Wechselbezüglichkeit eventuell durch Auslegung ermitteln lässt. Maßgebendes Ziel bei der Auslegung ist immer die Ermittlung des Willens des Erblassers, der anhand von Anhaltspunkten festgestellt werden muss.
In diesem Fall bot das Testament nur zwei Anhaltspunkte für den Willen des Erblassers: der eine war der Verweis die gesetzliche Erbfolge, der andere die Pflichtteilsstrafklausel. Betrachtet man jede einzelne dieser Regelungen für sich, so kommt man nach Auffassung des Gerichts nicht zu einer bindenden Schlusserbeneinsetzung. Insbesondere das Wort „soll“ sei mehrdeutig, sagt das Gericht und beginnt etwas, das oftmals als „typisch juristisch“ und als das größte Vergnügen des Anwalts, insbesondere im Erbrecht, bezeichnet wird: die Zerlegung eines einzelnen Wortes. Im juristischen Sprachgebrauch meint dieses Wort nämlich, so das Gericht, ein erwünschtes Verhalten ohne hierbei jedoch ein zwingendes Gebot zu sein. Im umgangssprachlichen Sinne jedoch kann „soll“ auch als zwingende Anordnung verstanden werden. Eindeutig ist das Wort damit nicht und weitere Anhaltspunkte für die Vorstellungen der Eheleute, die sie bei Abfassung ihres Testamentes gehabt haben könnten, ließen sich nicht finden – insbesondere auch keine außerhalb des Testamentes. Das Gericht gelangt daher zu dem Schluss, dass die Schlusserbfolge nicht bindend festgelegt wurde, denn der Erblasser hatte das Testament im Übrigen sprachlich sehr exakt abgefasst und war als Beamter des Auswärtigen Dienstes konsularisch geschult, so dass ihm die gesetzliche Erbfolge und der juristische Gebrauch durchaus bekannt gewesen waren. Es handelt sich hierbei nach Ansicht des Gesetzes lediglich um den Hinweis auf die von Gesetzes wegen ohnehin eintretende gesetzliche Erbfolge und nicht um eine gewillkürte Erbeinsetzung nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.
Für alle Fragen rund um das Thema Erbrecht stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt jederzeit zur Verfügung.
OLG Hamm, Beschluss vom 11. September 2015,15 W 142/15
Leiharbeitnehmer müssen grundsätzlich genauso bezahlt werden wie die im Betrieb des Entleihers vergleichbaren Stammarbeitnehmer – dies ist der Grundsatz des so genannten equal pay und ist in § 10 Abs. 4 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) festgeschrieben. So einfach dieser Grundsatz auf den ersten Blick auch zu sein scheint, so sehr steckt der Teufel jedoch im Detail und es empfiehlt sich dringend, hier einen im Arbeitsrecht tätigen Rechtsanwalt mit einzubeziehen. Dies beginnt bereits mit dem Problem, dass der Arbeitnehmer für die Höhe des vergleichbaren Arbeitsentgelts nach § 10 IV AÜG darlegungs-und beweispflichtig ist. Häufig stellt sich zusätzlich auch das Problem, dass es im Betrieb des Entleihers gar keine vergleichbaren Arbeitnehmer gibt. Aber der Reihe nach.
Hat der Arbeitnehmer keine Kenntnis über die Höhe des Vergleichsentgeltes, so gewährt ihm das Gesetz in § 13 AÜG einen für das Arbeitsrecht ungewöhnlichen Auskunftsanspruch gegen den Entleiher. Die Durchsetzung dieses Anspruchs kann aber unter Umständen recht aufwändig werden, da der Arbeitnehmer im Falle einer Weigerung des Entleihers, die Auskunft zu erteilen, zunächst diesen auf Auskunft verklagen muss und erst dann mit der erstrittenen Auskunft eine erneute Klage gegen seinen Arbeitgeber, den Verleiher, anstrengen kann. Vorher hat er ja unter Umständen gar keine Ahnung von den gezahlten Löhnen. Hier tritt die dem Juristen und insbesondere dem Rechtsanwalt oftmals nachgesagte Umständlichkeit und Förmelei zu Tage. Die Auskunft des Entleihers ist somit für den eigentlichen Zahlungsprozess gegen den Verleiher, von entscheidender Bedeutung. Sie muss umfassend und akkurat sein – auch hier können viele Fehler gemacht werden, die dann erst im Folgeprozess (dem Zahlungsprozess) auffallen und ein böses Erwachen bescheren können. Gerade im Falle des Einsatzes an unterschiedlichen Niederlassungen des Entleihers mit teils unterschiedlichen Tätigkeiten ist unbedingt drauf zu achten, dass diese sich nicht nur konkret auf die entsprechende Niederlassung, sondern auch auf die jeweilige Tätigkeitsbeschreibung und vor allem das Anforderungs- und Qualifikationsprofil bezieht. Hier ist bei der Auskunftsklage große Sorgfalt erforderlich, wie ein neueres Urteil des Bundesarbeitsgerichtes zeigt.
In diesem Falle hatte der durch seinen Rechtsanwalt klagende Arbeitnehmer Tätigkeiten sowohl als PC-Techniker als auch als so genannter Rollout-Techniker an zwei verschiedenen Niederlassungen zu erledigen. Er hatte jedoch nur auf Auskunft hinsichtlich der Tätigkeit eines PC-Technikers geklagt und darüber auch schließlich eine Auskunft erhalten. Im Zahlungsprozess fiel auf, dass er auch als Rollout-Techniker tätig war und die Auskunft sich darauf nicht bezog. Der Arbeitgeber wandte ein, dass damit die Auskunft unzutreffend sei und das Vergleichsentgelt somit unzutreffend berechnet war. Der Arbeitnehmer machte dann – vergeblich – geltend, dass die Tätigkeit als Rollout-Techniker doch ein Bestandteil seiner Tätigkeit als PC-Techniker sei. Dies ließ das BAG aber nicht gelten. Der erteilten Auskunft ließ sich nicht entnehmen, welche Tätigkeiten die Aufgaben eines PC-Technikers umfassen und die Auskunft enthielt auch keinerlei Angaben über darüber hinausgehende, evtl. vergütungsrelevante Umstände wie Anforderungen und Qualifikation, die der Entleiher an eine Tätigkeit als PC-Techniker stellte. Ein gutes Beispiel dafür, dass im Arbeitsrecht sehr akkurat gearbeitet wird.
Das BAG stellt in seiner Begründung zunächst fest, dass das Vergleichsentgelt stets tätigkeitsbezogen zu bestimmen ist und andere Merkmale wie Qualifikation nur dann für die Berechnung des Vergleichsentgeltes in Betracht kommen, wenn sie für den Entleiher auch bei der Bestimmung des Entgeltes seiner eigenen Arbeitnehmer herangezogen werden. Gibt es dafür keine Anhaltspunkte, so sind diese auch nicht heranzuziehen. Dies zeigt, wie wichtig es ist, die Auskunft des Entleihers nicht nur auf die konkrete Tätigkeitsbeschreibung der vergleichbaren Arbeitnehmer, sondern darüber hinaus auch auf alle für die Vergütung maßgeblichen weiteren Bestandteile zu erstrecken. Hat der Arbeitnehmer eine solche Auskunft nicht verlangt, so ist es an ihm, darzulegen, wie und aufgrund welcher Merkmale der Entleiher sein Entgelt bestimmt. Es ist klar, dass dies dem Arbeitnehmer ohne die Auskunft des Entleihers nicht gelingen wird – eine Beweiserleichterung kommt ihm nicht zugute, denn das Versäumnis geht zu seinen Lasten. Deshalb ist eine Beweiserleichterung, die es im Arbeitsrecht gelegentlich gibt, kein Raum.
Das BAG streift dann kurz die Frage, was passiert, wenn der Entleiher keine vergleichbaren Arbeitnehmer beschäftigt: es gilt nichts anderes. Der Entleiher muss dann eben darüber Auskunft erteilen, was ein vergleichbarer Arbeitnehmer verdient hätte, wenn der Entleiher solche beschäftigt hätte.
Für alle Fragen rund um das Arbeitsrecht stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt gerne zur Verfügung.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Oktober 2015,5 AZR 604/14
Häufig haben zwei Ehegatten den Wunsch, sich in einem Testament zunächst gegenseitig als Erben und nach dem Tod beider Ehegatten die Kinder einzusetzen. Dies ist das sog. „Berliner Testament“, das in der Regel als gemeinschaftliches Testament der Eheleute verfasst wird. Jedoch ist sowohl bei der Abfassung des Testaments als auch bei der Auslegung nach dem Tode extreme Vorsicht geboten: gemeinschaftliche Testamente sind nämlich ein gutes Beispiel dafür, dass bei einem eigentlich sehr einfach anmutenden Wunsch oftmals der Teufel im Detail steckt. Ein anschauliches Beispiel für eine solch scheinbare eindeutige Formulierung, die jedoch arge Schwierigkeiten bereitete, illustriert ein Fall, den das Oberlandesgericht Hamm im Februar 2015 entschieden hat.
In einem gemeinschaftlichen Testament hatten sich zwei Ehegatten gegenseitig als Erben eingesetzt als bereits bekannt war, dass der Ehemann schwer erkrankt war. Es wurde weiterhin folgende Anordnung getroffen: bei dem Tode des Erstversterbenden erhält der Überlebende den gesamten Nachlass zur freien Verwaltung und Verfügung unter Lebenden. Auf unsere Kinder soll erst das übergehen, was bei dem Tode des Erstversterbenden übrig sein wird. Das Ehepaar hat zwei Kinder, der Ehemann hatte kein Vermögen, die Ehefrau hatte jedoch erhebliches eigenes Vermögen. Nach dem Tod des Ehemannes errichtete die Ehefrau ein weiteres Testament, in dem sie die gemeinsamen Kinder zu Erben zu je ½ einsetzte und eine Teilungsanordnung hinsichtlich ihrer Grundstücke vornahm. Eines der Kinder war der Meinung, dass die Mutter nicht mehr ein solches Testament errichten konnte, da sie durch das gemeinschaftliche Testament an einer abweichenden Testierung gehindert sei. Mit dieser Argumentation ist das Kind aber bei dem Oberlandesgericht nicht durchgedrungen.
Charakteristikum des gemeinschaftlichen Testamentes ist– und das ist den Ehegatten oftmals nicht bewusst – eine Bindungswirkung, die das Testament herbeiführen kann. Ist eine der Verfügungen einem Testament wechselbezüglich, so kann nach dem Tode des einen Ehegatten der andere Ehegatte nicht mehr davon abweichen. Es stellt sich daher die Frage, ob die hier wörtlich wiedergebende Verfügung wechselbezüglich war. Dies ist immer der Fall, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde. Ob dies der Fall ist, regeln die Ehegatten im besten Falle selbst, indem sie ausdrücklich im Testament klarstellen, welche Verfügungen wechselbezüglich sein sollen und welche nicht. Vergessen sie dies, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Verfügung wechselbezüglich ist. Zur Auslegung müssen insbesondere auch die Lebensumstände der beiden Erblasser herangezogen werden. Da hier nichts festgelegt wurde, musste das Gericht die Verfügung auslegen und prüfen, ob das erste Testament die Erblasserin daran hinderte, eine Teilungsanordnung in dem zweiten Testament vorzunehmen. Das Gericht kam dabei zu dem Ergebnis, dass diese Verfügung im ersten Testament nicht wechselbezüglich war. Entscheidend war für das Gericht, dass den Ehegatten bei der Abfassung des Testamentes bekannt war, dass der Ehemann schwer erkrankt und die Ehefrau die Vermögende in dieser Beziehung war. Deshalb könne davon ausgegangen werden, dass die Ehefrau als wahrscheinlich Längerlebende und Vermögende keinen Grund hatte, sich in ihrer Testierfreiheit hinsichtlich der Schlusserbeneinsetzung einzuschränken. Dafür spricht auch der Halbsatz der Verfügung, dass „auf die Kinder das übergehen soll, was beim Tode des Letztversterbenden übrig sein wird“. Diese Formulierung ließ dem überlebenden Ehegatten sämtliche Freiheit über den Nachlass. Aus diesem Grunde war die Ehefrau berechtigt, die entsprechende Teilungsanordnung vorzunehmen.
Dieses Urteil zeigt deutlich, wie sehr es bei der Auslegung auf die tatsächlichen Umstände ankommt. So sind immer auch die Vermögensverhältnisse der Ehegatten wie auch die Lebenssituation (hier die schwere Krankheit des Ehemannes) bei der Testamentsabfassung zu berücksichtigen.
Als Rechtsanwalt stehe ich Ihnen bei allen Fragen zum Erbrecht zur Verfügung.
OLG Hamm, Urteil vom 26. Februar 2015, 10 U 18/13
Es gibt Konstellationen, in denen es notwendig werden kann, dass der eingesetzte Betreuer bei eingetretener Testierunfähigkeit die Verfügungen im Testament des Erblassers noch zu Lebzeiten anfechten kann. Die Anfechtung eines Testaments zu Lebzeiten des Erblassers durch den Erblasser selbst ist vor allem bei gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten erforderlich, wenn der andere Ehegatte bereits verstorben ist und das Testament bindend geworden ist. Hier kann der überlebende Ehegatte aufgrund der eingetretenen Bindungswirkung nicht einfach neu testieren, sondern muss seine Verfügung anfechten. Grundsätzlich gilt auch, dass ein Testament nur höchstpersönlich, nicht aber durch Vertreter oder Betreuer gemacht werden kann. Ist der überlebende Ehegatte nun testierunfähig geworden und hat einen Betreuer, so wird vereinzelt vertreten, dass der Betreuer diese Verfügung anfechten kann (der Betreuer kann nach dieser Auffassung nur anfechten und natürlich kein neues Testament errichten!), da das Gesetz in § 2282 Abs. 2 BGB ein solches Anfechtungsrecht des Betreuers beim Erbvertrag ausdrücklich anerkennt, für das gemeinschaftliche Testament findet sich allerdings keine solche Regelung im Gesetz. Dieser Auffassung erteilt das OLG Bamberg in einem Beschluss vom 22. Mai 2015 eine Absage und hält fest, dass für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf das gemeinschaftliche Testament kein Raum bleibe, da der Gesetzgeber sich der Problematik bewusst gewesen sei und diese Ausnahme nur auf den Erbvertrag beschränkt habe. Für diese Auffassung sprechen nach Ansicht des Gerichtes vor allem praktische Erwägungen, denn in erster Linie drohen Interessenkollisionen zwischen den Interessen des Betreuers und denen des Erblassers, da der Betreuer oftmals aus der Familie stammt und insofern selbst begünstigt wäre. Es besteht also keine Möglichkeit mehr, die eingetretene Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments auf diesem Wege zu beseitigen.
Als Rechtsanwalt stehe ich für alle Frage zum Erbrecht gerne zur Verfügung.
OLG Bamberg, Beschluss vom 22. Mai 2015, 4 W 16/14
Im Zusammenhang mit der Anordnung von Vor- und Nacherbschaft treten immer wieder Fragen auf. Häufiger Streitpunkt ist die Frage, wie Nacherben ihre Rechte gegenüber dem Vorerben durchsetzen können, wenn dieser gegen seine Pflichten z. B. auf ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses verstößt. Klar ist: der Vorerbe unterliegt zahlreichen Beschränkungen. Was aber, wenn er sich einfach nicht daran hält? Dann macht er sich zwar schadensersatzpflichtig, doch das wird dem Nacherben nichts nützen, wenn der Nacherbfall wie so häufig mit dem Tod des Vorerben eintreten soll. Hier kommt es also darauf an, dass der Nacherbe noch zu Lebzeiten Sicherungsmaßnahmen gegen den Vorerben ergreifen kann. Die wichtigste Maßnahme in diesem Zusammenhang ist die Pflicht zur Sicherheitsleistung des Vorerben und ggf. Anordnung der gerichtlichen Verwaltung des Nachlasses, wenn der Vorerbe nach rechtskräftiger Verurteilung zur Sicherheitsleistung diese nicht innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist leistet. Das OLG Schleswig hat kürzlich in einer Entscheidung vom 14. Oktober 2014 in diesem Bereich erfreuliche Klarheit geschaffen. So hat es zunächst noch einmal deutlich gemacht, dass die Anordnung der gerichtlichen Zwangsverwaltung in einem gestuften Verfahren erfolgt, also zuerst die Verurteilung zur Sicherheitsleistung (Kaution) erfolgt, dann eine Frist gesetzt werden muss und erst nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist die gerichtliche Verwaltung angeordnet werden kann. Mit Anordnung der Verwaltung entfällt dann aber der Anspruch auf Sicherheitsleistung. Eine Ausnahme hiervon mit der Folge der sofortigen Anordnung der gerichtlichen Verwaltung darf nur ausnahmsweise in besonders krassen Fällen geschehen.
Das OLG hält noch einmal fest, dass der Nacherbe Anspruch darauf hat, dass der Vorerbe eine Sicherheit in Höhe der gesamten Erbschaft leistet, wenn durch sein Verhalten oder seine ungünstige Vermögenslage eine erhebliche Verletzung der Rechte des Nacherben droht. Dies ist der Fall, wenn zu befürchten ist, dass der Vorerbe seine Pflicht zur Herausgabe des Nachlasses in dem Zustand, in dem sich der Nachlass bei einer bis zur Herausgabe ordnungsgemäßen Verwaltung befindet, verstößt. Hierzu gehört auch, dass der Vorerbe im Fall des Eintritts des Nacherbfalls Rechenschaft über seine Verwaltung ablegen muss. Die Gefährdung der Rechte des Nacherben muss auf der Art und Weise der Verwaltung des Nachlasses beruhen. Ein Verschulden ist hierbei nicht erforderlich. In der genannten Entscheidung hat das OLG sehr instruktiv die Fälle aufgelistet, in denen derartige Verstöße anzunehmen sind. Diese können z.B. sein:
- Der nicht befreite Vorerbe verhält sich wie ein befreiter Vorerbe,
- Der Vorerbe entnimmt dem Nachlass mehr als die Nutznießungen, zu denen er berechtigt ist,
- Der Vorerbe bezahlt Renovierungen der Nachlassimmobilien aus dem Nachlass und nicht aus seinem eigenen Vermögen,
- Er legt das Vermögen trotz Aufforderung nicht mündelsicher an.
Hinsichtlich der Höhe der Sicherheitsleistung stellt das OLG Schleswig klar, dass diese sich nicht auf den Wert der Immobilien bezieht, da in diesem Falle der Nacherbe durch den Eintrag des Nacherbenvermerks im Grundbuch ausreichend geschützt ist. Ein bestehender bzw. möglicher Schadensersatzanspruch des Nacherben wegen bekannter pflichtwidriger Veräußerung ist jedoch in die Berechnung mit einzubeziehen.
Als Rechtsanwalt stehe ich Ihnen für alle Fragen rund um das Erbrecht zur Verfügung.
OLG Schleswig, Urteil vom 14. Oktober 2014, 3 U 7/14
Formale Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Testamentes ist lediglich, dass dieses eigenhändig geschrieben und unterschrieben ist. Weitere Bestandteile wie Orts-und Zeitangabe sollen zwar darin enthalten sein, sind aber keine zwingenden Wirksamkeitsvoraussetzungen. Daraus folgt, dass Testamente in durchaus ungewöhnlicher Form daherkommen können: so kann zum Beispiel in einem Brief ein Testament enthalten oder dieses auf einem Bierdeckel verfasst worden sein. Bedingung für die Wirksamkeit solcher Testamente ist jedoch, dass der Verfasser einen ernsthaften Testierwillen hatte. Er muss also eine rechtsverbindliche Anordnung für seinen Todesfall treffen wollen. Das OLG Hamm hat am 27. November 2015 eine Beschwerde gegen die Ablehnung eines Erbscheinsantrages abgewiesen, dem ein solch zweifelhaftes Schriftstück zugrundelag. Auf einem kleinen Zettel fand sich folgende handschriftliche Aufschrift: „Tesemt Haus Das für J“. Darunter stehen die Jahreszahl 1986 sowie ein Schriftzug des Erblassers. Es fand sich ferner ein weiteres Schriftstück, das den gleichen Wortlaut hatte. Eben jener J beantragte dann die Erteilung eines Erbscheines.
Das OLG Hamm kam jedoch zu dem Ergebnis, dass sich hierbei nicht um ein Testament handele, da der Erblasser keinen ernsthaften Testierwillen hatte. Es folgerte dies aus dem Zusammentreffen mehrerer Umstände, nämlich das zum einen keine geeignete Schreibunterlage, also ein normales Blatt Papier gewählt wurde, zum anderen aus der allgemeinen Gestaltung des Schriftstückes, das gravierendere Rechtschreibfehler enthielt, obwohl der Erblasser sich sehr gut in der Grammatik auskannte und das schließlich mehrere gleiche Schriftstücke verfasst wurden und diese ungeordnet aufbewahrt wurden. Jeder einzelne dieser Punkte ist für sich genommen unbeachtlich, erst in der Zusammenschau aller dieser Umstände ergibt sich jedoch das Bild, dass es sich hierbei allenfalls um Vorüberlegungen für ein Testament handelte.
Zu beachten ist jedoch immer, dass jedes, sei es auch noch so absurd verfasste, Schriftstück, das den Verdacht nahelegt, ein Testament sein zu können, beim Nachlassgericht abzuliefern ist. Die Entscheidung darüber dies wirksam ist oder nicht, trifft das Nachlassgericht, nicht der Besitzer dieses Schriftstückes.
Als Rechtsanwalt stehe ich für alle Fragen zum Erbrecht gerne zur Verfügung.
OLG Hamm, Beschluss vom 27. November 2015, 10 W 153/15
Eine Kündigung in einem Betrieb, der weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt (Kleinbetrieb) bedarf nicht der sozialen Rechtfertigung, d.h. umgangssprachlich diesen Betrieb kein Kündigungsschutz. Dies bedeutet aber nicht, dass ein älterer Arbeitnehmer ohne weiteres gegen einen jüngeren ausgetauscht werden kann
Das Bundesarbeitsgericht entschied mit Urteil vom 13. Juli 2015 einen Fall, in dem einer 63 -jährigen Arzthelferin gekündigt wurde und an ihrer Stelle eine 35 jährige Krankenschwester eingestellt wurde. Eine 55 jährige Mitarbeiterin der Praxis mit gleichem Aufgabengebiet wurde nicht gekündigt. Die betriebsbedingte Kündigung der 63-jährigen Arzthelferin sei das Bundesarbeitsgericht als unwirksam an, da diese Kündigung gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG, landläufig als Antidiskriminierungsgesetz bezeichnet) verstoße. Ein Beschäftigter darf nicht wegen seines Lebensalters benachteiligt werden. Benachteiligt worden ist hier die Klägerin im Vergleich zu ihrer 55 -jährigen Kollegin, die nicht gekündigt wurde – ob das nun tatsächlich wegen des Alters geschah muss in einem weiteren Schritt geprüft werden. Dies wirft die Frage auf, wer eigentlich das Vorliegen einer Diskriminierung zu beweisen hat. Dem Arbeitnehmer ist dies in aller Regel unmöglich, da er die Motivation des Arbeitgebers ja nicht kennt. Aus diesem Grunde trifft das Gesetz eine Regelung dahingehend, dass der Arbeitnehmer lediglich Indizien vortragen muss die eine solche Benachteiligung vermuten lassen. Eine bloße Mitursächlichkeit genügt. Der Arbeitgeber muss sodann beweisen, dass er nicht diskriminiert hat, also in diesem Falle das Alter keinerlei Rolle gespielt hat, wobei entscheidend ist, dass es auf ein schuldhaftes Handeln oder eine Benachteiligungsabsicht nicht ankommt. Im zu entscheidenden Fall war der beklagten Praxis zum Verhängnis geworden, dass sie in das Kündigungsschreiben den Hinweis aufgenommen hatte, dass die Klägerin ja nun eine Pensionsberechtigung hätte. Dies war nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ein ausreichendes Indiz für den Umstand, dass die eine Benachteiligung aufgrund des Alters vorlag. Über die Frage, ob der Rechtstreit anders ausgegangen wäre, wenn die Beklagte Praxis sich diesen Hinweis gespart hätte lässt sich nur spekulieren. Die beklagte Praxis hat (selbstverständlich) behauptet, dass die Klägerin nur wegen ihres niedrigeren Qualifikationsniveaus gekündigt worden sei. Sie konnte damit allerdings nicht beweisen, dass das Alter keine Rolle gespielt habe (Stichwort „willkommener Anlass“). Die Entscheidung ist ein weiteres Beispiel dafür, dass gut gemeinte „geschwätzige Kündigungen“ nicht immer gut gemacht sind – zumindest aus Arbeitgebersicht. Dass die Kündigung unter Heranziehung der Kriterien für eine Sozialauswahl in einem Betrieb mit Kündigungsschutz ausgesprochen war, spielt nach Auffassung des BAG keine Rolle, da dies nicht eine Benachteiligung wegen des Alters ausschließt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Juli 20 5,6 AZR 457/14