


Bekanntermaßen herrscht in Deutschland seit dem 1. Januar 2015 ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 € brutto pro Stunde, ab dem 1. Januar 2017 8,84 € brutto pro Stunde. Neben diesem gesetzlichen Mindestlohn haben weitere Branchentarifverträgen, die für allgemeinverbindlich erklärt wurden, einen Mindestlohn festgelegt (am bekanntesten sind die Mindestlöhne im Reinigungsgewerbe). So einfach diese Regelung auf den ersten Blick ist, so sehr steckt der Teufel im Detail.
Der Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmer, mit Ausnahme der Auszubildenden und solcher Praktikanten, die ein ausbildungsbegleitendes Praktikum absolvieren. Entscheidend ist, dass das Praktikum in der Ausbildungsordnung vorgeschrieben und damit Ausbildungsinhalt ist. Damit ist klar, dass die bisher üblichen „Praktikantenstellen“, auf denen fertig ausgebildete Leute beschäftigt wurden (sogenannte „Generation Praktikum“), nunmehr unter Mindestlohngesichtspunkten nicht mehr zulässig sind. Ein Praktikant, der ein Praktikum absolviert, das nicht in der Ausbildungsordnung vorgeschrieben ist, zählt deshalb als regulärer Arbeitnehmer, der Anspruch auf eine Vergütung und die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen hat. Wie hoch diese Vergütung ist, muss im Einzelfall anhand der Üblichkeit geklärt werden. Der Mindestlohn, der einem solchen „Praktikanten“ in jedem Falle zugestanden hätte, kann innerhalb der Verjährungsfristen (drei Jahre beginnend ab dem Jahresende) rückwirkend geltend gemacht werden. Eventuell im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfristen gelten für den Mindestlohn nicht!
Insbesondere dieses Zusammenspiel mit den Ausschlussfristen ist für den Mindestlohn interessant, denn „in jedem Lohn steckt auch immer ein Mindestlohn“. Verdient ein Mitarbeiter also zwölf Euro die Stunde, so sind darin 8,50 € die Stunde Mindestlohn enthalten. Dies bedeutet: für die 8,50 € Mindestlohn gelten keine Ausschlussfristen, für den darüber hinausgehende Teil schon. Der Arbeitgeber hat im Zusammenhang mit dem Mindestlohn weitgehende Dokumentationspflichten. Um zu verhindern, dass der Mindestlohn durch so genannte Stücklöhne umgangen wird (es wird zum Beispiel eine bestimmte Anzahl zu reinigende Zimmern einem Hotel vorgegeben, nicht aber die Zeit. Aufgrund der hohen Anzahl der vorgegebenen Zimmer ist es dem Reinigungspersonal unmöglich, die geforderte Anzahl innerhalb kurzer Zeit zu erfüllen) hat der Gesetzgeber die Arbeitgeber in „besonders sensiblen“ Branchen verpflichtet, die jeweiligen Arbeitsstunden zu dokumentieren, und zwar zeitnah innerhalb einer Woche. Diese Branchen sind einzeln in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes aufgeführt.
Verstöße gegen den Mindestlohn ziehen nicht nur hohe rückwirkende Forderungen der Arbeitnehmer nach sich, sondern vor allem auch der Sozialversicherungsträger. Diese setzen nämlich die auf den Lohn entfallenden Sozialversicherungsbeiträge fest und wenn diese nachgezahlt werden müssen, muss der Arbeitgeber insbesondere in dem Fall, wenn der Arbeitnehmer schon nicht mehr im Betrieb arbeitet, auch den Arbeitnehmeranteil bezahlen und kann sich diesen nicht beim Arbeitnehmer zurückholen. Darüberhinaus sind solche Verstöße auch bußgeldbewehrt.
Erbengemeinschaften entstehen immer ohne den Willen der beteiligten Erben – nämlich entweder durch Anordnung im Testament, wenn mehrere Erben eingesetzt werden oder aufgrund gesetzlicher Erbfolge, weil ein Testament fehlt. Es ist deshalb das gesetzgeberische Leitbild, diese Zwangsgemeinschaft so schnell wie möglich aufzulösen. Aus diesem Grunde hat er die Erbengemeinschaft recht unattraktiv ausgestaltet. Sie ist, so heißt es, „auf Auseinandersetzung angelegt“ wobei mit Auseinandersetzung nicht Streit gemeint ist, sondern die Auflösung der Gemeinschaft.
Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft
Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist vom Prinzip her einfach, aber im Detail schwierig. Zunächst müssen alle Nachlassverbindlichkeiten berichtigt werden und die Forderungen gegen Dritte eingezogen werden, bevor der zur Verteilung anstehende Nachlass ermittelt werden kann. Sodann muss der Nachlass versilbert werden. Das Hauptproblem bei der Auseinandersetzung liegt darin, dass nicht einfach auf Auseinandersetzung geklagt werden kann. Es gibt zwar die Möglichkeit einer solchen Erbteilungsklage, allerdings kommt diese nie zum Zuge, da dort Sachwerte so gut wie nicht aufgeteilt werden können. Voraussetzung der Teilungsklage ist nämlich die Teilungsreife des Nachlasses. Ein praktisches Beispiel: befinden sich im Nachlass z.B. zwei ungefähr gleich wertvolle Wohnungen und streiten sich zwei Erben darum, so hilft die Teilungsklage nicht weiter, da der Nachlass noch nicht teilungsreif ist. Es müssen zunächst die beiden Wohnungen veräußert werden, dies geschieht notfalls durch eine Teilungsversteigerung (diese läuft nach den Regeln der Zwangsversteigerung ab), wenn sich die Erben nicht einigen können.
Bevor die Teilungsklage erhoben werden kann, sind also mehrere andere Verfahren durchzuführen, nämlich die Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten, der Einzug der Forderungen und die Versilberung des Nachlasses. Wenn hierbei Schwierigkeiten auftreten, weil ein Miterbe nicht mitspielt oder ein Schuldner nicht bezahlen will, kann es schon Jahre dauern, bis der Nachlass überhaupt teilungsreif ist. Ebensowenig zulässig ist, eine Klage nur hinsichtlich eines Teiles des Nachlasses zu erheben, denn eine Teilauseinandersetzung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Allerdings ist es so, dass die Erben dieses ganze Prozedere nicht zwingend durchlaufen müssen, sondern sich selbstverständlich jederzeit einvernehmlich über die Verteilung des Nachlasses verständigen können – angesichts des jahrelangen Streites ist dies immer vorzuziehen. Eine solche Vereinbarung muss allerdings einstimmig getroffen werden.
Verwaltung der Erbengemeinschaft
In der Zeit bis zur Teilung muss die Erbengemeinschaft verwaltet werden, im Falle von Grundbesitz also die Straße gefegt und ggf. Mietverträge abgeschlossen oder Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden. Da es oftmals zu Streit hierüber kommt, stellt sich die Frage, ob solche Maßnahmen einfach so beschlossen werden können. Das Gesetz sieht drei verschiedene Mehrheitserfordernisse vor: die Entscheidung eines einzelnen Mitgliedes (dies ist bei Notmaßnahmen der Fall wie z.B. des Ausfalls der Heizungsanlage im Winter. In diesem Fall kann auch ein einzelnes Mitglied eine Reparaturfirma beauftragen), die Mehrheitsentscheidung (dies ist bei gewöhnlichen Verwaltungsmaßnahmen der Fall wie z.B. der Beauftragung eines Reinigungsunternehmens) und die Einstimmigkeit (dies kommt bei allen anderen Maßnahmen inklusive des Verkaufs zum Tragen). Die Abgrenzung bereitet im Einzelfall natürlich Schwierigkeiten und jeweils anhand des Falles zu beurteilen. Es wird jedenfalls deutlich, dass dies ebenfalls erhebliches Streitpotential birgt.
Lohn erhält nur, wer dafür arbeitet. Kommt ein Arbeitnehmer nicht zur Arbeit, so erhält dafür auch keinen Lohn. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn Anspruch auf eine Leistung hat man eben nur dann, wenn man auch die vereinbarte Gegenleistung erbringt – man bezahlt schließlich auch nicht die Rechnung im Restaurant, wenn man dort nicht auch gegessen hat. Von diesem Grundsatz gibt es im Arbeitsrecht allerdings eine ganz wichtige Ausnahme: die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Mit diesem sperrige Wortungetüm soll ausgedrückt werden, dass ein Arbeitnehmer seinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf den Lohn auch dann behält, wenn er krankheitsbedingt nicht zur Arbeit erscheint. Davon streng zu unterscheiden ist das Krankengeld, das von der Krankenkasse gezahlt wird.
Dauer der Entgeltfortzahlung
Wie lange soll der Arbeitgeber nach dieser Ausnahmeregelung nun Entgeltfortzahlung leisten müssen? Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, diesen Zeitraum auf sechs Wochen zu begrenzen – allerdings nur, wenn es sich dabei um dieselbe Krankheit handelt. So einfach sich dies auch in der Theorie anhört, so schwer ist die Unterscheidung im Einzelfall. Der Sechswochenzeitraum muss beispielweise nicht zusammenhängen, es reicht auch aus, wenn innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten ab Beginn der ersten Erkrankung die Arbeitsunfähigkeit erneut eintritt. Ist der Zeitraum von sechs Wochen abgelaufen, so muss der Arbeitgeber den Lohn nicht mehr weiterzahlen. Wenn der Arbeitnehmer dann immer noch krank ist, hat er einen Anspruch auf Krankengeld gegen seine Krankenkasse.
Anzeige und Nachweis der Arbeitsunfähigkeit
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich dem Arbeitgeber anzuzeigen. Dies ist erst einmal nur die Mitteilung über die Arbeitsunfähigkeit. Dauert die Erkrankung länger als drei Tage, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (“Krankschreibung”, “Gelber Schein”) vorzulegen. Es ist aber auch möglich, diese Bescheinigung auch schon bei einer kürzeren Erkrankung zu verlangen, allerdings muss dies dann im Arbeitsvertrag geregelt sein. Was passiert aber, wenn der Arzt rückwirkend krankschreiben soll? Dies regelt die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie. Nach dieser soll eine rückwirkende Krankschreibung nicht stattfinden, allerdings ist dies in Ausnahmefällen doch möglich. Länger als zwei Tage darf der Arzt den Patienten allerdings in keinem Falle krankschreiben.
Mit Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat der Arbeitnehmer seine Krankheit aber noch nicht bewiesen. Der Bescheinigung kommt zwar ein hoher Beweiswert zu, jedoch muss der Arbeitgeber diese nicht hinnehmen. Hat er begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit, so kann er den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung einschalten und den Arbeitnehmer untersuchen lassen. Das Ergebnis dieser Begutachtung ist verbindlich. Begründete Zweifel ergeben sich beispielsweise dann, wenn der Arbeitnehmer häufig nur für kurze Zeit erkrankt oder die Krankheitstage oft am Beginn oder am Ende der Woche liegen. Kommt es zu keiner Begutachtung durch den medizinischen Dienst, weil kein Termin frei war, so kann der Arbeitgeber den Lohn zurückhalten. Er wird dann vom Arbeitnehmer auf Lohnzahlung verklagt und muss dann im Prozess die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit substantiiert vortragen. Dann wird über die Frage der Arbeitsunfähigkeit Beweis erhoben (in aller Regel durch Vernehmung des Arztes als Zeugen).
Veräußert ein Arbeitgeber seinen Betrieb oder nur einen Teil davon, so könnte er der dort beschäftigten Mitarbeitern eigentlich betriebsbedingt kündigen, da er ja keine Beschäftigung mehr für sie hat. Dabei ist es ganz egal ob er seinen Betrieb aus Altersgründen verkauft oder Teile im Wege des Outsourcing überträgt. Zum einen wäre dies für den Arbeitnehmer fatal und zum anderen könnte der Arbeitgeber auf diese Weise den Kündigungsschutz umgehen. Beides wollte der Gesetzgeber vermeiden und hat deshalb in § 613a BGB die arbeitsrechtlichen Folgen eines sogenannten Betriebsübergangs geregelt: danach gehen die Arbeitsplätze quasi von selbst auf den neuen Betriebsinhaber über. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass den Arbeitnehmern der Verlust ihres Arbeitsplatzes aufgrund des neuen Inhabers droht. Diese Privilegierung der Arbeitnehmer ist allerdings an einige Voraussetzungen geknüpft.
Voraussetzungen des Betriebsübergangs
Erste Voraussetzung ist zunächst ein Wechsel des Inhabers des Betriebes. Ein solcher liegt nicht vor, wenn sich lediglich die Gesellschafter einer GmbH ändern. Arbeitgeber ist nämlich nach wie vor die GmbH. Ebenso wenig liegt ein Betriebsübergang vor, wenn sich lediglich die Rechtsform ändert (OHG statt GbR). Anders sieht es hingegen aus, wenn Verschmelzungen, Spaltungen oder Vermögensübertragungen stattfinden. Inhaberwechsel liegen hingegen vor, wenn eine GmbH einen Geschäftsteil an eine andere GmbH verkauft oder auch bei Privatisierungen der öffentlichen Hand.
Als weitere Voraussetzung muss „der Betrieb“ übergehen. Die Frage, wann ein „Betrieb“ übergeht, ist natürlich im Einzelfall schwer zu beurteilen. Entscheidend ist immer, ob eine Einheit vorhanden ist, die ihre wirtschaftliche Identität bewahrt hat. Dies wird seitens der Arbeitsgerichte anhand von verschiedenen Merkmalen geprüft: der Art des betreffenden Unternehmens, des Übergangs der materiellen und immateriellen Vermögenswerte, des Übergangs von Belegschaft und Kundschaft, die Ähnlichkeit der zu verrichtenden Tätigkeit und schließlich eine eventuell unterbrechende Tätigkeit.
Rechtsfolgen des Betriebsübergangs
Entscheidende Rechtsfolgen des Betriebsübergangs ist, dass das Arbeitsverhältnis auf den neuen Betriebsinhaber übergeht und innerhalb einer Frist von einem Jahr nicht wegen des Betriebsübergangs gekündigt werden kann. Vorsicht: dies bedeutet nicht, dass das Arbeitsverhältnis nicht aus anderen, nicht im Betriebsübergang begründeten, Gründen gekündigt werden kann. Die einjährige Kündigungssperre wird auch oftmals dahingehend missverstanden, dass sich die Arbeitsbedingungen nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers verändern dürfen. Dies ist nur insoweit richtig, als dass sich diese Veränderungssperre auf solche Arbeitsbedingungen bezieht, die in einem Tarifvertrag, der beim alten Arbeitgeber galt, festgelegt wurden. Arbeitsbedingungen, die im Arbeitsvertrag festgehalten wurden, können jederzeit auch zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden – Voraussetzung ist natürlich, dass solche Änderungen nach den allgemeinen Grundsätzen zulässig sind (z.B. Änderungskündigung notwendig). Eine der schwierigsten Fragen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang ist die Frage, inwieweit Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen beim neuen Arbeitgeber fortgelten.
Hinweis: der alte Betriebsinhaber haftet dem Arbeitnehmer nach wie vor für alle Ansprüche, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind.
Das deutsche Recht geht vom sog. Vonselbsterwerb des Erben aus, d.h. der Erbe muss keine besonderen Erklärungen abgeben oder Handlungen vornehmen, wenn er Erbe werden will, denn die Erbschaft fällt ihm „von selbst an“. Dies ist in vielen anderen Rechtsordnungen anders, so z.B. auch in Österreich, in denen der Erbe ausdrücklich erklären muss, dass er Erbe werden möchte. Da aber niemand gezwungen werden kann, für die Schulden eines anderen zu haften, braucht es eine Möglichkeit, diesen Vonselbsterwerb zu beseitigen – das Gesetz stellt sie mit der Ausschlagung zur Verfügung. Ein Erbe hat danach die Möglichkeit, die ihm angefallene Erbschaft auszuschlagen mit der Folge, dass er so behandelt wird, als wäre er niemals Erbe geworden. Eine solche Ausschlagung bietet sich zunächst an, wenn der Nachlass überschuldet ist. Aber auch wenn man aus emotionalen Gründen nicht die Erbschaft antreten möchte, kann die Ausschlagung erklärt werden, denn sie muss nicht begründet werden. Wichtig ist, dass die Ausschlagung innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Kenntnisnahme von dem „Berufungsgrund“ erklärt wird. Sie ist formgebunden und muss notariell beglaubigt bzw. zu Protokoll des Nachlassgerichts erklärt werden. Entscheidend für die Fristwahrung ist nicht die Abgabe der Erklärung beim Notar sondern der Eingang der Erklärung beim Nachlassgericht. Ist die Ausschlagung form- und fristgerecht erklärt worden, tritt an die Stelle des Ausschlagenden der nächstberufene Erbe, also meist dessen Kinder. Sind diese noch minderjährig, so sollte die Ausschlagung gleich für diese miterklärt werden, denn sonst bleiben die Kinder auf den Schulden sitzen.
Die Frist ist mit sechs Wochen natürlich sehr kurz bemessen und es ist durchaus möglich, dass sich der Erbe innerhalb dieser Frist keine Vorstellungen davon machen kann, ob der Nachlass überschuldet ist oder nicht. Unter bestimmten Umständen gibt es daher die Möglichkeit, die Versäumung der Ausschlagungsfrist anzufechten. Dies ist eine Art „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“, die bei der Versäumung der Ausschlagungsfrist normalerweise nicht vorgesehen ist. Voraussetzung ist, dass ein Anfechtungsgrund vorliegt. Dieser kann ein Irrtum über den Bestand des Nachlasses sein; es gilt das gleiche Prozedere wie bei der Ausschlagungserklärung, also Erklärung gegenüber dem Notar und fristgemäßer Eingang dieser Erklärung beim Nachlassgericht.
Unter Umständen kann die Ausschlagung eines werthaltigen Nachlasses sogar taktisch eingesetzt werden, um z.B. den Erbschaftssteuerbetrag zu mindern. Der Zugewinnausgleichsanspruch ist nämlich steuerfrei. Leben die Ehegatten in Zugewinngemeinschaft, so kann der Zugewinnausgleich bei Auflösung der Ehe (diese wird auch durch Tot aufgelöst) durchaus höher sein als der eigentliche Erbteil. Ist der Zugewinnausgleich quasi die gesamte Erbschaft, so kann durchaus darüber nachgedacht werden, die Erbschaft auszuschlagen und stattdessen den Zugewinn geltend zu machen – steuerfrei.
Eine Kündigung, also eine einseitige Erklärung, ist nicht zwingend zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich. Dieses kann (wie jedes andere Vertragsverhältnis auch) durch eine einvernehrnliche vertragliche Vereinbarung beendet werden. Ein Aufhebungsvertrag stellt genau diese vertragliche Vereinbarung dar und beendet das Arbeitsverhältnis.
Der Abwicklungsvertrag hingegen beendet das Arbeitsverhältnis nicht. Er wird geschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis bereits durch eine Kündigung beendet ist und nur noch die Abwicklungsmodalitäten geregelt werden müssen. In aller Regel wird er geschlossen, um eine Kündigungsschutzklage zu vermeiden oder einen solchen Rechtsstreit zu beenden.
Warum Aufhebungsvertrag?
Die Vorteile des Arbeitsvertrages liegen in erster Linie auf Seiten des Arbeitgebers: die Kündigungsfristen können abgekürzt und Unsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit einer Kündigung vermieden werden. Dies kann für den Arbeitnehmer wiederum problematisch sein, denn der Arbeitnehmer löst durch einen Aufhebungsvertrag sein Arbeitverhältnis auf und dies hat zur Folge, dass die Arbeitsagentur eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld verhängen wird. Die Sperrzeit kommt nur dann nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber auch ohne Abschluss des Aufhebungsvertrages eine wirksame Kündigung, die nicht auf verhaltensbedingten Gründen beruht, erklärt hätte. Mit anderen Worten: wenn das Arbeitsverhältnis ohnehin beendet wäre und ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestünde. Achtung: der Arbeitnehmer muss der Arbeitsagentur beweisen, dass diese Voraussetzungen vorliegen, nicht der Arbeitgeber!
Warum werden dennoch so viele Aufhebungsverträge abgeschlossen? Ganz einfach: es kann auch für den Arbeitnehmer vorteilhaft sein, wenn er den Aufhebungsvertrag schließt, z.B. weil er bereits eine neue Stelle in Aussicht und deshalb selbst ein Interesse daran hat, sein altes Arbeitsverhältnis aufzulösen oder weil die versprochene Abfindung so interessant ist, dass sie die Sperrzeit kompensiert. Man sollte sich also stets gut überlegen, was man erreichen möchte und am besten beraten lassen, bevor man einen Aufhebungsvertrag unterschreibt.
Inhalt des Aufhebungsvertrages
Ein Aufhebungsvertrag beinhaltet neben dem Beendigungsdatum auch Regelungen über das Schicksal des verbleibenden Resturlaubs (insbesondere nach langer Krankheit), einer eventuellen Freistellung, die Höhe der Abfindung (ganz wichtig!), die Beurteilung im Zeugnis oder die Rückgabe des Dienstwagens.
Form
Der Aufhebungsvertrag muss schriftlich abgeschlossen werden – das bedeutet ein Stück Papier, das zwei Unterschriften trägt; ein Fax, das beide Unterschriften trägt reicht nicht aus, E-Mail oder gar eine mündliche Vereinbarung erst recht nicht. Ist der Aufhebungsvertrag formunwirksam, besteht die Möglichkeit, dass sich der Arbeitnehmer auch noch nach sehr langer Zeit auf die Formunwirksamkeit beruft. Insbesondere, wenn vorher eine wirksame Freistellung durch den Arbeitgeber erfolgt ist (die wiederum kann per E-Mail, Fax oder mündlich erfolgen), kann dies für den Arbeitgeber gravierende Folgen haben – er muss nämlich dann Lohn zahlen.
Ist der Vertrag einmal unterschrieben worden, kann er von einer Partei nicht einfach widerrufen werden, wie man es von Verbraucherverträgen im Internet her kennt. Nur unter ganz engen Voraussetzungen – die fast nie vorliegen – kommt eine Anfechtung in Betracht.
Die Testamentsanfechtung ist ein gutes Beispiel dafür, wie weit allgemeiner und juristischer Sprachgebrauch auseinanderfallen können. Oftmals wird nämlich umgangssprachlich unter „Anfechtung eines Testaments“ jeglicher Angriff auf ein Testament, also auch die Unwirksamkeit aus Formgründen, Nichtbeachtung von Pflichtteilsrechten, Auslegungsstreitigkeiten oder falsche Erbquoten, verstanden. Dies alles hat aber mit der Testamentsanfechtung im juristischen Sinn nichts zu tun.
Das Gesetz versteht unter der Anfechtung eines Testaments ein Instrument zur Korrektur „falscher“ Testamente. Für Situationen, in denen der Erblasser einem sog. Motivirrtum unterlag (das ist ein Irrtum über die Umstände, die das Motiv für sein Testament bildeten, also z.B. das Vertrauen auf eine lebenslange Partnerschaft) soll der Erbe die Möglichkeit haben, die Verfügung des Erblassers anzufechten, wenn der Erblasser sein Testament nicht mehr an die veränderte Situation angepasst hat. Eine weitere Konstellation ist die Übergehung von Pflichtteilsberechtigten. Wird ein Testament verfasst und kommt nach der Abfassung ein weiterer Pflichtteilsberechtigter hinzu, sei es durch Geburt eines neuen Kindes oder durch Heirat, kann die Verfügung angefochten werden.
Umfang der Anfechtung
Angefochten werden kann nur eine einzelne Verfügung in einem Testament und zwar nur in dem Umfang, wie der Erblasser tatsächlich einem Irrtum unterlag bzw. sie den neuen Pflichtteilsberechtigten beeinträchtigt. Ein Testament enthält häufig ja nicht nur eine einzelne Verfügung (ich setze meine Tochter als Erbin ein) sondern mehrere (Vermächtnisse, Auflagen etc.). Die Anfechtungserklärung muss sich dann immer auf eine (oder mehrere) bestimmte Verfügungen beziehen und kann nicht einfach „das Testament“ anfechten – im Ergebnis kann es natürlich der Fall sein, dass das gesamte Testament angefochten wird.
Folge einer Anfechtung ist die Beseitigung der angegriffenen Verfügung, d.h. an die Stelle der angefochtenen Verfügung tritt die gesetzliche Regelung; in aller Regel also die gesetzliche Erbfolge. Niemals kann die Anfechtung dazu führen, dass ein neues Testament angenommen wird, z.B. „hätte der Erblasser die wahren Umstände gekannt, so hätte er X statt Y als Erben eingesetzt“. Die Anfechtung hat also ausschließlich destruktiven Charakter, d.h. in dem Beispiel würde die Erbeinsetzung des Y beseitigt werden und an ihre Stelle die gesetzliche Erbfolge treten.
Anfechtungsberechtigte, Form und Frist
Die Anfechtung kann nach dem Tode durch diejenigen erklärt werden, die bei Beseitigung der angegriffenen Verfügung unmittelbar begünstigt wären. Aber auch eine Anfechtung durch den Erblasser selbst ist möglich – wie kann das sein, der Erblasser kann doch einfach ein neues Testament errichten (link testamentserrichtung)? Solch eine Selbstanfechtung betrifft vor allem Erbverträge, in denen sich Erbvertragsparteien den Rücktritt nicht vorbehalten haben und deren Verfügungen deshalb bereits zu Lebzeiten bindend geworden sind. In diesen Fällen kann auch der Erblasser selbst seine Verfügung anfechten, da er ja keine andere Möglichkeit hat, anderweitig wirksam zu testieren und so auf veränderte Situationen zu reagieren.
Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnis vom Anfechtungsgrund erklärt werden. Nur wem gegenüber? Der Erblasser ist ja tot. Erklärungsempfänger ist das Nachlassgericht, eine Abteilung des Amtsgerichts am letzten Wohnort des Erblassers. Die Anfechtungserklärung ist formgebunden, sie muss vor einem Notar erklärt werden. Maßgeblich für die Fristwahrung ist allerdings nicht die Abgabe der Erklärung beim Notar, sondern der Eingang der beurkundeten Erklärung beim Amtsgericht.
Ausgeschlossen ist die Anfechtung, wenn feststeht, dass der Erblasser seine Verfügung auch in genauer Kenntnis dieses Falles getroffen hätte. Dies kann entweder durch Auslegung festgestellt werden aber auch durch ausdrückliche Anordnung im Testament.
Der Arbeitgeber bereitet mit einer Abmahnung in aller Regel die Kündigung eines Arbeitnehmers vor. Zwar soll die Abmahnung nach ihrem Grundgedanken dem Arbeitnehmer zunächst nur ein Fehlverhalten vor Augen führen und darauf hinwirken, dass sich dieses Fehlverhalten nicht wiederholen wird – allerdings wird eine Abmahnung selten ohne “Hintergedanken” ausgesprochen.
Ein kurzes Beispiel zur Wirkung der Abmahnung: Kleinere Verstöße des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten wie beispielsweise häufiges Zuspätkommen können eine Kündigung nicht rechtfertigen, wenn der Betrieb des Arbeitgebers dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt. Spricht der Arbeitgeber eine korrekte Abmahnung aus, kann dieser sonst eigentliche unbeachtliche Pflichtenverstoß im Wiederholungsfalle nun doch die Kündigung rechtfertigen. Enthält die Abmahnung Fehler, kann sie nicht zur Vorbereitung der Kündigung beitragen. Was sind aber die Anforderungen an eine formal ordnungsgemäße Kündigung? Die Abmahnung macht quasi einen Dreisprung:
- Genaue Bezeichnung des Fehlverhaltens mit Datum und Uhrzeit, keine vagen Beschreibungen (”nach unseren Erkenntnissen traten Sie in letzter Zeit Ihren Dienst häufig verspätet an“) und einen Hinweis auf die konkret verletzte arbeitsvertragliche Pflicht.
- Es muss deutlich werden, dass der Arbeitgeber das Verhalten als Vertragsverstoß wertet und nicht mehr weiter akzeptieren wird. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer auffordern, derartige Verstöße zukünftig zu unterlassen.
- Es muss der Hinweis enthalten sein, dass der Arbeitnehmer im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen bis hin zur Kündigung rechnen muss.
Gefährlich für Arbeitgeber sind Abmahnungen, die mehrere Verstöße gleichzeitig in Bezug nehmen. Hier läuft der Arbeitgeber nämlich Gefahr, dass die gesamte Abmahnung unwirksam ist, wenn auch nur ein Verstoß nicht nachgewiesen werden kann. Aus diesem Grunde sollte sich eine Abmahnung immer nur auf einen Verstoß beziehen und notfalls mehrere ausgesprochen werden! Aus Arbeitnehmersicht ist demnach jeder Verstoß einzeln zu prüfen!
Eine Abmahnung muss im Übrigen nicht schriftlich erteilt werden; sie kann auch mündlich erteilt werden. Allerdings wird sich der genaue Inhalt der Abmahnung, insbesondere der “Dreisprung” bei mündlichem Ausspruch so gut wie nie gerichtsfest beweisen lassen. Aussprechen kann die Abmahnung nicht nur der Arbeitgeber selbst, sondern insbesondere auch der Vorgesetzte, der weisungsbefugt ist. Eine mehrmalige Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung ist nicht notwendig, eine Abmahnung reicht aus. Verstößt der Arbeitnehmer erneut gegen die gleiche Pflicht, kann dies die Kündigung rechtfertigen.
Der Arbeitnehmer ist aber bei Erteilung der Abmahnung nicht rechtlos gestellt. Aufgrund der weitreichenden Wirkungen der Abmahnung hat er die Möglichkeit, vor dem Arbeitsgericht auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu klagen, wenn die Abmahnung nicht gerechtfertigt ist. Ist die Klage erfolgreich, kann der Arbeitgeber seine Kündigung nicht mehr auf diese Abmahnung stützen. Eine Frist zur Erhebung dieser Klage gibt es nicht. Es entstehen dem Arbeitnehmer allerdings keine Nachteile, wenn er nicht gegen die unberechtigte Abmahnung vorgeht. Stützt der Arbeitgeber seine Kündigung auf eine vorangegangene Abmahnung, so wird deren Wirksamkeit im Kündigungsschutzprozess ohnehin geprüft – und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Arbeitnehmer etwas dagegen unternommen hat oder diese gar schriftlich “akzeptiert” hat. Die Abmahnung kann den Arbeitgeber also in trügerischer Sicherheit wiegen, weshalb es für beide Seiten wichtig ist, die Abmahnung genauestens zu untersuchen.
Häufig passiert es, dass Pflichtteilsansprüche den Erben in arge finanzielle Bedrängnis bringen, insbesondere, wenn der Nachlass nicht aus liquiden Mitteln, sondern zum Beispiel aus Immobilien besteht. Der Pflichtteil ist ja bekanntermaßen auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet und nicht auf die Teilhabe an Gegenständen. So kommt es häufiger vor, dass der Erbe die Pflichtteilsberechtigten bittet, seinem Pflichtteilsanspruch vorerst nicht geltend zu machen, damit er Zeit genug hat, sich die entsprechenden Barmittel zu verschaffen. Hierbei ist allerdings Vorsicht geboten: Pflichtteilsansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren!
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte neulich einen Fall zu entscheiden, in dem eine Pflichtteilsberechtigte gegenüber ihrer als Erbin eingesetzten Tante im Wege der Stufenklage einen Auskunfts- und anschließenden Zahlungsanspruch hinsichtlich des Pflichtteils geltend macht. Die Erblasserin war 2001 verstorben. Daraufhin bat die beklagte Tante die Tochter, ihren Pflichtteil zunächst nicht geltend zu machen und versprach, sie im Gegenzug als ihre alleinige Erbin einzusetzen. Dies wiederholte sie in einem Schreiben aus dem Jahre 2008 erneut. Im Jahr 2014 hatte die Pflichtteilsberechtigte Grund für Zweifel, ob die Tante sie auch tatsächlich als Erbin einsetzen würde. Daraufhin machte sie ihren Pflichtteilsanspruch geltend und die Erbin berief sich auf Verjährung. Nachdem das Landgericht die Klage zunächst abgewiesen hat, gab das Oberlandesgericht der Klage statt und stellte fest, dass der Pflichtteilsanspruch noch nicht verjährt sei.
Zur Begründung bezog sich das OLG darauf, dass die Bitte der Erbin als Stundungsersuchen auszulegen sei. Dieses Ersuchen hat die Klägerin angenommen, in dem sie sich anschließend entsprechend der Bitte der Erbin verhielt. Die Dauer der Stundung war darin nicht vereinbart; darauf kam es nach Ansicht des OLG aber auch nicht streitentscheidend an, da insoweit von einer unbefristeten Stundung auszugehen sei. Wird aber eine solche Stundungsvereinbarung getroffen, so ist der Ablauf der Verjährung gehemmt. Zwar sind der Auskunftsanspruch und der Zahlungsanspruch getrennt voneinander auf ihre Verjährung zu überprüfen, allerdings ergab sich bei einer solchen Prüfung keinerlei Unterschied in der Sache.
Hinweis: die Unsicherheiten hinsichtlich der Erbeinsetzung hätten sich teilweise umgehen lassen können, wenn die Parteien einen bindenden Erbvertrag geschlossen hätten. Damit wäre die Pflichtteilsberechtigte zwar nicht vor dem Verkauf und einem „aufwändigen Lebensstil“ der Erbin geschützt, zumindest aber wäre ihre Erbposition gesichert und ein Schutz vor Schenkungen wäre gesichert gewesen.
Für alle Fragen rund um das Thema Erbrecht und Pflichtteilsrecht stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt jederzeit zur Verfügung.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 15. Oktober 2015, 9 U 149/14
Gesetzesänderungen haben von den Parteien unbemerkt Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Testamenten. Das Kammergericht hat kürzlich einen Rechtsstreit entschieden, in dem ein Erblasser im Jahre 1999 seinen „Lebenspartner“ als Erben einsetzte ohne ihn namentlich näher zu nennen. Zu diesem Zeitpunkt war die Lebenspartnerschaft allerdings noch nicht gesetzlich geregelt und dieser Rechtsbegriff konnte dementsprechend nicht im heutigen rechtstechnischen Sinne gemeint worden sein. Im Jahre 2002 begründete er dann eine gesetzliche Lebenspartnerschaft mit diesem im Testament als „Lebenspartner“ bezeichneten Mann, die im Jahr 2007 wieder rechtskräftig geschieden wurde. Der ledige und kinderlose Erblasser verstarb, von seinen Familienmitgliedern lebte nur noch sein Vater. Dieser beantragte daraufhin einen Allerbschein, da er der Meinung war, durch die Scheidung der Lebenspartnerschaft sei auch das Testament ungültig geworden. (Diese Auffassung ist im Prinzip richtig, da gemäß § 2077 BGB mit der Scheidung die Erbeinsetzungen der Ehegatten unwirksam werden, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Ehegatten ihre testamentarischen Verfügungen auch für den Fall aufrechterhalten wollten, dass sie geschieden werden.) Der geschiedene Lebenspartner beantragte ebenfalls einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist, da er das Testament für wirksam hält. Dieser Auffassung schlossen sich sowohl das Nachlassgericht, als auch schließlich das Kammergericht an.
Die zitierte Regelung des § 2077 BGB sei nämlich nur eine Auslegungsregel, so das Kammergericht, die erst dann zurate gezogen wird, wenn die individuelle Auslegung des Testamentes nicht bereits zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Ein solch eindeutiges Ergebnis konnte das Kammergericht aber bei Auslegung des Testamentes erzielen. Es gab nämlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser die Erbeinsetzung des Lebenspartners von dem Bestehen einer gesetzlichen Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz abhängig gemacht hätte, denn er hat ja seinen Lebenspartner zu einem Zeitpunkt als Erben eingesetzt, als die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare überhaupt noch nicht zulässig war. Wichtig: maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist immer die Abfassung des Testamentes, auf die Frage, ob sich der Erblasser mit dem Erben hinterher zerstritten hat oder diesen erneut als Erben einsetzen würde, kommt es nicht an. Das Kammergericht sah auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Erblasser die Erbeinsetzung unter der Bedingung der Eheschließung getroffen hätte. Zwar war bereits im Jahr 1999 absehbar, dass die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden soll, allerdings führt die bloße Bezeichnung als „Lebenspartner“ nicht dazu, dass dieser Begriff auch rechtstechnisch verstanden werden soll und der Erblasser die Vorstellung hatte, seinen Lebenspartner nur dann als Erben einzusetzen, wenn er auch über die gesetzliche Lebenspartnerschaft mit dem Erblasser verbunden wäre. Anhaltspunkte hierfür ließen sich nach Auffassung des Kammergerichtes nicht feststellen. Da also die gesetzliche Lebenspartnerschaft in keinem Zusammenhang mit der Erbeinsetzung stand, bedurfte es des Rückgriffs auf § 2287 BGB nicht. Die Einsetzung des Erben war mangels abweichender Testierung nach wie vor wirksam. Merke: Ein Testament in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird nicht bei Trennung unwirksam! Die Feststellung der Unwirksamkeit des Testamentes ließe sich bestenfalls im Wege der Anfechtung Testaments erreichen.
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Kammergericht, Beschluss vom 29. September 2015, 6 W 57/15