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Teilzeitarbeit: der Wunsch nach Reduzierung der Arbeitszeit

Rechtlicher Rahmen

Ein Arbeitnehmer hat gemäß § 8 TzBfG Anspruch darauf, seine Arbeitszeit zu verringern, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate bestanden hat und der Arbeitgeber regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Soweit, so klar. Wie aber kommt eine solche Reduzierung nun genau zu Stande? Der Wunsch des Arbeitnehmers bzw. dessen Erklärung bedarf zunächst keiner bestimmten Form – er kann also auch per E-Mail oder auf andere Weise geäußert werden. Wichtig ist, dass er inhaltlich so genau bestimmt ist, dass der Arbeitgeber mit einem bloßen „Ja“ antworten können muss und beide sicher wissen, wie sich die Änderung auswirkt. Dies beinhaltet vor allem die Zahl der zu reduzierenden Stunden, die neuen Arbeitszeiten und deren Lage etc.

 

Die Ablehnung des Teilzeitwunsches durch den Arbeitgeber hingegen bedarf jedoch der Schriftform – dieser genügt die E-Mail nicht. Inhaltlich muss die Ablehnung so genau bestimmt sein, dass der Arbeitnehmer Gewissheit darüber erlangt, ob der Arbeitgeber seinem Wunsch nachkommen wird oder nicht. Hierzu hat der Arbeitgeber einen Monat nach Zugang des Teilzeitwunsches Zeit. Widerspricht der Arbeitgeber diesem Änderungswunsch innerhalb der Frist nicht, so verringert sich die Arbeitszeit im vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang und wird damit Vertragsbestandteil.

 

Inhalt der Entscheidung

So einfach die Anforderung an die Ablehnung des Teilzeitwunsches auf den ersten Blick erscheinen mag (ein schlichtes nein würde genügen), so kompliziert kann dies in der Praxis werden. Vermerkt ein Arbeitgeber lediglich auf einer Arbeitszeitbescheinigung zur Vorlage bei einer Kita eine andere Arbeitszeit als die vom Arbeitnehmer in einer vorangegangenen Email gewünschte, so hat dies nicht die Wirkung der Ablehnung, wie das Bundesarbeitsgericht am 20. Januar 2015 entschied. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte ein Arbeitgeber in einem Formular zur Beantragung eines Kindergartenplatzes eine Vollzeittätigkeit bescheinigt, obwohl die Arbeitnehmerin ein halbes Jahr zuvor während ihrer Elternzeit Teilzeittätigkeit per E-Mail beantragt hatte. Auf diese Mail reagierte der Arbeitgeber nicht. Nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit verließ die Arbeitnehmerin um 14:00 Uhr statt um 17:00 Uhr wie in Vollzeit in diesen Betrieb üblich ihren Arbeitsplatz. Daraufhin erhielt sie eine Abmahnung sowie eine Änderungskündigung, mit der der Arbeitgeber sie erneut auf eine Vollzeitstelle setzt. Die Arbeitnehmerin klagte deshalb sowohl auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte, gegen die Änderungskündigung und schließlich auf Feststellung, dass sie in einem Teilzeitarbeitsverhältnis steht. Mit allen drei Anträgen gewann sie in allen drei Instanzen. Durch die Email und die anschließende Nichtreaktion des Arbeitgebers innerhalb der Frist hatte sich die Arbeitszeit entsprechend des Wunsches der Arbeitnehmerin reduziert. Der Arbeitgeber hatte somit auch keine Möglichkeit, nach Ablauf der Widerspruchsfrist durch eine Änderungskündigung den alten Zustand der Vollzeitbeschäftigung wiederherzustellen. Hintergrund ist, dass der Arbeitgeber dem Teilzeitwunsch nur dann widersprechen können, wenn betriebliche Gründe der gewünschten Teilzeitbeschäftigung entgegenstehen. Dies können, so entschied das Bundesarbeitsgericht nur solche Gründe sein, die nicht bereits zum Zeitpunkt des Teilzeitverlangens dem Arbeitnehmers entgegengehalten wurden bzw. vorlagen.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 2015 – 9 AZR 860/13

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=18068

 

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